Das Geschäft mit der Flucht

Fr 04.09.15

Hoffnung auf eine bessere Zukunft

Menschenverachtung, Hass und Gewalt gegen Flüchtlinge, das sind zurzeit die täglichen Beiträge, die wir in den Medien zu lesen, hören und sehen bekommen. Bilder, die es mir kalt den Rücken herunter laufen lassen. Ein totes Kind wird in Bodrum an den Strand gespült, am Bahnhof in Budapest teilen sich 2000 Flüchtlinge gerade mal vier mobile Toiletten, im Mittelmeer ertrinken unzählige Menschen. Sie alle kommen aus einem Kriegsgebiet und haben sich eine bessere Zukunft erhofft.

Profit und schamlose Profilierung auf Facebook

Der Alltag in Syrien ist geprägt von Granaten und Explosionen, zahllosen verletzten oder gar sterbenden Menschen. In Eritrea werden Kinder zwangsrekrutiert, Erwachsene sind der Zwangsarbeit, dem Militärdienst auf Lebenszeit, oder bei Widerstand, der Gefangenschaft, Willkür und Folter ausgesetzt. Das alles geschieht zur gleichen Zeit während der sich die Gelder der eritreischen Schlepperbanden sowie der jeweiligen Wirtschaftseliten aus diesen Ländern auf Schweizer Konten anhäufen. Und wir machen uns  Gedanken darüber, wo wir unseren nächsten Urlaub verbringen, welche Kleidermode gerade aktuell ist oder ob der Fernseher vielleicht doch gegen ein grösseres Modell ausgetauscht werden sollte. Gleichzeitig missbrauchen Menschen von hier die Medien wie Facebook und Twitter dazu, den Hass gegen die Flüchtlinge weiter zu schüren. Es ist nicht nachvollziehbar, mit welch abartigen Hetzkampagnen auf Facebook und Twitter aufgewartet wird. Bürgerliche Politiker posten Bilder mit übervollen Flüchtlingsschiffen und  dem zynischen Hinweis „Die Fachkräfte kommen“! Die Kommentare dazu sind mehr als beschämend. Das einzige Profil, das diesen Politikern noch bleibt, scheint tatsächlich das Facebook-Profil zu sein.

Der einzige Kontakt nach Hause

Stimmen werden laut, weil Flüchtlinge es sich leisten können, Schlepper zu bezahlen. Dabei wird allzu oft vergessen, dass diese Menschen vor dem Krieg auch ein Leben und Arbeit hatten. Gar als „falsche“ Flüchtlinge bezeichnet werden diejenigen, die im Besitz eines Smartphones sind. Ein Handy bietet den Flüchtlingen die einzige Möglichkeit, vielleicht noch eine Verbindung nach Hause herzustellen und ihren Familienangehörigen mitzuteilen, dass sie noch am Leben sind. Ich bin überzeugt, wenn wir auf diese Weise flüchten müssten wäre etwas vom Ersten, das wir mitnähmen, unser Smartphone.

Schutz statt Hetze                                                               

Ein deutscher Journalist hat in einem Kindergarten einen kleinen Jungen gefragt, ob es denn bei ihm ihn der Klasse auch Ausländer hat. Die Antwort des Jungen war einfach und deutlich: „Nein, hier hat es nur Kinder“. Eine Aussage, die uns eigentlich dazu bewegen sollte, diesen Menschen, die  auf der Flucht sind zu helfen, sie zu schützen und ihnen unsere Hand zu reichen.

3. September 2015, Renate Dürr, Gemeinderätin Grüne Winterthur, grünpunkt Kolumne im Stadtanzeiger