Sozialhilfe Ausgaben in Winterthur

Do 08.12.16

Der Volksmund ist der Ansicht, die Sozialhilfeausgaben in Winterthur seien in den letzten Jahren massiv gestiegen. Ist das überhaupt richtig? Die Antwort lautet Jein.

Einerseits sind die durchschnittlichen Bruttoausgaben pro Sozialhilfefall in den letzten Jahren nur minim gestiegen und andererseits ist die Sozialhilfequote in Winterthur von 4.6 % (2010) auf 5.3% (2015) gestiegen. Der Anstieg der Sozialhilfequote in der jüngeren Vergangenheit entspricht leider einem Muster, das auch in anderen Städten zu beobachten ist. Auch andere mittelgrosse Städte wie Luzern, St. Gallen oder Schaffhausen waren in den letzten Jahren mit einer Zunahme der Sozialhilfequote konfrontiert.

Allerdings haben auch geringe Veränderungen der Sozialhilfequote für die Stadt Winterthur Kostenfolgen in Millionenhöhe. Dies sowohl positiv wie negativ. Im Fall von Winterthur fällt - im Vergleich mit andern Städten - auf, dass die Fallbelastung derzeit bei rund 125 Dossiers pro Sozialarbeiter (100%-Stelle) liegt. Dies ist im Vergleich mit zum Beispiel mit Bülach, Kloten, Uster und Wetzikon sehr hoch. Diese vier Städte achten darauf, dass die Fallbelastung pro 100%-Stelle nicht über 80 Dossiers liegt. Die Sozialhilfeverordnung des Kantons Bern gibt für Sozialarbeiter eine Fallbelastung von 80 bis 100 Dossiers vor. In der Fachliteratur wird eine Fallbelastung von 100 Dossiers bereits sehr kritisch beurteilt.

Doch was sagen die Fallzahlen überhaupt aus?

Grundsätzlich ist klar, je mehr Fälle die Sozialarbeiter bearbeiten müssen, desto weniger Zeit steht für den einzelnen Fall zur Verfügung. Insbesondere bei Menschen, die mit komplexen Problemen zu kämpfen haben, ist eine enge Beratung und Begleitung notwendig, um die Chancen auf eine nachhaltige Ablösung aus der Sozialhilfe zu erhöhen. Nicht zuletzt bedingt auch eine konsequente Politik des Förderns und Forderns, dass Sozialarbeiter genügend Zeit haben, um mit den Sozialhilfebezügern vernünftige Ziele zu vereinbaren und deren Verfolgung und Erreichung zu überprüfen. Erst mit einer engen Betreuung sind Wirkungskontrolle, Abklärungen von Ansprüchen auf vorgelagerte Sozialleistungen (wie zum Beispiel Invalidenversicherungsansprüche) oder Missbrauchsbekämpfung möglich.

Es ist deshalb wichtig, dass Winterthur die Sozialhilfequote nicht einfach als gegeben hinnimmt, sondern sich dafür einsetzt, dass weniger Menschen auf die Unterstützung der Sozialhilfe angewiesen sind oder dass sich mehr Bezüger aus der Sozialhilfe abzulösen vermögen. Genau aus diesem Grund ist der Antrag des Stadtrates für eine Stellenerhöhung im Sozialdepartement richtig. Gerade bei jungen Erwachsenen ist es zentral alles daran zu setzen, dass diese Menschen von der Sozialhilfe abgelöst werden können. Schaffen junge Erwachsene den Ausstieg aus der Sozialhilfe nicht, so drohen auf  sehr lange Zeit erhebliche Folgekosten. Investitionen in diese Personengruppe lohnen sich ökonomisch in mittel- bis längerfristiger Perspektive. Natürlich führt eine engere Begleitung nicht dazu, dass alle jungen Erwachsenen den Ausstieg aus der Sozialhilfe erreichten. Ökonomisch lohnen sich aber bereits wenige erfolgreiche Fälle.

Fazit: Nur mit einer engen Begleitung ist es möglich Sozialhilfebezügerinnen und -bezüger zu fördern und gleichzeitig Gegenleistungen von ihnen einzufordern. Eine enge Begleitung setzt im Fall von Winterthur eine Stellenerhöhung voraus.

Abschliessend ist darauf hinzuweisen, dass so oder so ein neuer Ausgleich der kommunalen Soziallasten innerhalb des Kantons Zürich anzustreben ist.

Winterthur, 8. Dezember, Christian Griesser, Gemeinderat Grüne, Winterthur