Sparen beim Verkehr statt bei den Menschen

Di 09.12.14

Budgetdebatte: Kürzungen auf Kosten der Menschen in dieser Stadt...

Wie letztes Jahr soll auch dieses Jahr das Defizit mit Kürzungsprogrammen und dem erneuten Griff in die finanziellen Reserven angegangen werden. Steuererhöhungen bleiben bei der bürgerlichen Sparallianz tabu obwohl die Stadt Winterthur von allen Grossstädten der Schweiz (mit Ausnahme von Zürich) den tiefsten Steuerfuss hat! Ein grosser Brocken betrifft Abbaumassnahmen beim städtischen Personal.  Weil das nicht reicht, greift die Allianz zusätzlich gerne auch wieder in die Schatullen (Reserven) von städtischen Betrieben wie z.B. Stadtwerk.  Weil  auch das noch nicht reicht wird von der bürgerlichen Mehrheit weiterhin beantragt, das Budget ausgerechnet auf dem Buckel der sozial Schwächsten zu sanieren: Die von der Stadt bisher entrichteten Gemeindezuschüsse sollen komplett gestrichen werden! Dazu sagen die Grünen entschieden Nein. Stattdessen sind alle Winterthurer und Winterthurerinnen mit einer massvollen Steuererhöhung solidarisch in die Verantwortung miteinzubeziehen.

Austritte beim Personal sollen einerseits nicht mehr ersetzt werden können. Das ist ein versteckter Stellenabbau. Die Arbeitsbelastung für die Verbleibenden wird umso grösser. Die Sparallianz ist nicht bereit festzulegen, wo in der Verwaltung dafür Leistungen abgebaut werden sollen. Sie übergeben die Verantwortung dem Stadtrat, obwohl der Gemeinderat für die Leistungsbestellung zuständig ist! Die Grünen stützen dieses Vorgehen nicht. Wir stehen zu den Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, die gerade in der zunehmend anonymisierten und noch immer wachsenden Stadt eine wichtige soziale Klammerfunktion ausübt. Andererseits zeugen verschiedene kleinere Sparanträge von einer Salamitaktik zur Zerschlagung der öffentlichen Leistungen. Wer beispielsweise bei der  Alten Kaserne einige hunderttausend Franken streicht nimmt in Kauf, dass damit die Tarife für die Vereine zur Benützung der Räumlichkeiten massiv ansteigen. Springt dafür die Wirtschaft in die Bresche? Wer beantragt, dass die Stadtgärtnerei ihre Pflanzen nicht mehr selbst produzieren und diese stattdessen günstiger in der Privatwirtschaft einkaufen soll, nimmt in Kauf, dass lokale Arbeitsplätze verloren gehen und die Pflanzen künftig von weit her herangekarrt werden.

... besser sparen beim Verkehr

Nach dem Budget wird es in der kommunalen Politik wieder um eine andere Art des Sparens gehen: Um Raum und Ressourcen bei der Mobilität. Die eben noch Sparpolitiker aus FDP, CVP und SVP laufen hier dann wieder mit Vollgas dagegen auf. Sie schützen damit gerne all jene, welche weiterhin mit ihrem eigenen vierrädrigen Fahrzeug auf Kosten der Allgemeinheit den beschränkten städtischen Raum übernutzen. Diese Autos (meist nur mit einer einzigen Person besetzt) bedrängen ausgerechnet jene, welche sich ökologischer und platzsparender mit Velo, Bus oder Bahn vorwärtsbewegen. Autopendler sind in der Stadt Hauptverursacher von Staus sowie Bus- und Velobehinderungen auf den Hauptstrassen. Mit einer neuen Verordnung soll unter anderem festgelegt werden, dass in jenen Gewerbegebieten, die vom öffentlichen Verkehr gut erschlossenen sind, künftig weniger Parkplätze für Beschäftigte erstellt werden dürfen. Dieser Verkehr kann und soll künftig tatsächlich vermehrt „gespart“ werden. Daraus einen Gegensatz zur Raumplanung zu konstruieren - wie das die FDP macht - ist allerdings willkürlich und entlarvt die einseitige Klientelpolitik. Das Gegenteil ist der Fall. Siedlungspolitik und Verkehrspolitik sind die beiden wichtigsten Pfeiler der Raumplanung, sie ergänzen und bedingen einander komplementär. Siedlungen und Gewerbeflächen sollen dort gefördert werden wo die Erschliessung mit dem Verkehr auf eine anwohner- und umweltverträgliche Art gewährleistet ist. Zur Umsetzung braucht es immer Anreiz- und Abreizmassnahmen. Wer nur erstere propagiert (Ausbau der öffentlichen Verkehrsinfrastrukturen) fördert unbegrenztes Wachstum, was es offensichtlich nicht geben kann. Auch zweitere allein (nur Beschränkung für den privaten motorisierten Verkehr) würden nicht funktionieren. Die Grünen setzten sich deshalb für den Mix aus beiden Massnahmen ein. Ziel: Unsere Mobilität auf eine effizientere und sparsamere Basis zu stellen.

 

Winterthurer Stadtanzeiger, grünpunkt, 9.12.2014, von Reto Diener, Gemeinderat