Stadtklima-Initiativen
Stadtstrassen sollen vermehrt Fussgänger/innen und Velofahrenden gehören. Zudem soll ein Teil in Grünflächen und Bäume umgewandelt werden. Dies fordert ein überparteiliches Komitee mit zwei Initiativen. Der Stadtrat präsentiert einen ungenügenden Gegenvorschlag.
Der Autoverkehr heizt das Klima in mehrfacher Hinsicht auf: Er ist einer der grossen Verstärker des Treibhauseffekts, verbraucht viel Ressourcen und städtischen Raum. Eine Tonne Material benötigt eine Fläche von rund 15 m2 (ruhend) und 50 m2 (fahrend). An heissen Tagen werden die Strassen zu wahren Hitzeinseln, was die Stadtluft zusätzlich erhitzt.
Dem will ein überparteiliches Komitee mit zwei Initiativen entgegenwirken. Urheberin ist «umverkehR», die Grünen sind mit im Initiativkomitee. Die beiden «Stadtklima-Initiativen» haben zum Ziel, die Strassen wieder vermehrt den Menschen und der Natur als Lebensraum zurückzugeben und so für ein erträglicheres Klima zu sorgen.
Konkret verlangt die «Gute-Luft-Initiative», dass während zehn Jahren ein halbes Prozent der gesamten Strassenfläche der Stadt Winterthur in Bereiche für Bäume und Grünflächen umgewandelt wird. Die «Zukunftsinitiative» will zudem jährlich ein halbes Prozent für den Fuss- und Veloverkehr umnutzen oder in Flächen zur Bevorzugung des öffentlichen Verkehrs umwandeln. Mit beiden Initiativen zusammen würden so in zehn Jahren total rund 500'000 m2 Strasse umgenutzt werden, was jährlich etwa fünf Fussballfeldern entspricht.
Dem Stadtrat geht das zu weit. Er präsentiert einen Gegenvorschlag, bei dem insgesamt nur 180'000 m2, und zwar erst in 17 Jahren, umgenutzt würde.
Aus Grüner Sicht ist dies zu wenig. Ein Paradigmawechsel ist hinsichtlich des Klimawandels, der Lebensqualität und der Biodiversität in der Stadt zwingend notwendig und sollte jetzt angepackt werden. Fussgänger/innen und Velofahrende sollen neben dem öffentlichen Verkehr Priorität erhalten, so wie dies Grossstädte wie Barcelona, Paris, Kopenhagen, Graz und unzählige weitere seit Jahren oder gar Jahrzehnten vorleben.
Aktuell versucht eine Koalition aus SP, Grünen, GLP und EVP – in der parlamentarischen Kommission – den Gegenvorschlag der Stadt zu verbessern, um für die Volksabstimmung eine bessere Ausgangslage zu erzielen. Der Antrag lautet, sich auf 250'000 m2 Umnutzungsfläche zu einigen. Wird dieser Kompromiss nochmals abgeschwächt, wäre die Schmerzgrenze erreicht und die Grünen könnten den Gegenvorschlag nicht mittragen. Anschliessend entscheidet das Parlament, was unterdessen eventuell bereits geschehen ist. Grünes Ziel ist es, den Gegenvorschlag und die Initiativen mit je einer Ja-Parole sowie der Stichfrage zugunsten der Initiativen in die Volksbstimmung zu bringen.
Der Stadtrat schätzt das Potenzial anhand eines Musterquartiers mit Strassen wie beispielsweise im Bild «Situation heute» (siehe Bild oben) ein. Dabei hat er weder die stärkere Eliminierung von Parkplätzen noch eine konsequente Aufhebung der gegenläufigen Befahrbarkeit für Autos mitberücksichtigt. Ein Vorgehen mit Umsetzung von Einbahnregimes, wie das zum Beispiel Barcelona macht, würde ein mindestens doppelt so grosses Potenzial ergeben (siehe die Visualisierung «Zielbild morgen», gleich links). Derartige Quartiere gibt es in Winterthur dutzende.
Unser Fazit deshalb: Der Paradigmawechsel ist – zumindest auf kommunalen Strassen, was den überwiegenden Teil der Strassenfläche ausmacht – durchaus umsetzbar.
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Autoren: Reto Diener (Co-Präsident), Isabelle Meier (cand. Vorstand)
Erschienen im Grünen Blatt Kanton Zürich im September 2023