Steuergeschenke

Do 02.11.17

Wer Zeitung liest merkt  schnell, 2018 stehen die Gesamterneuerungswahlen für den Stadtrat und Gemeinderat an. Die Wahlversprechen häufen sich. Eines ist mir besonders ins Auge gestochen. Anfangs Oktober verkündete der Stadtrat für das kommende Jahr eine Steuersenkung von zwei Prozent. Er will ein positives Zeichen setzen für Unternehmen und für die Bevölkerung. Das klingt  nett. Mehr aber auch  nicht. Wenn die Finanzen für nächstes Jahr  rosiger aussehen, warum äufnet die Stadt dann nicht das Eigenkapital? Warum wird nicht einmal ansatzweise in Betracht gezogen, die budgetierten 1,4 Milliarden Franken Netto-Verschuldung etwas abzubauen oder für zukunftsgerichtete Investitionen wie Aquifer einzusetzen? Genau! Weil nächstes Jahr Wahljahr ist.

Zwei Prozent weniger Steuern, das klingt  verlockend. Doch schauen wir mal genau hin: Bei einem steuerbaren Einkommen von 80‘000 Franken, berechnet mit dem verheirateten Tarif, sparen Sie gerade mal 58.15 Franken ein im Jahr. Mit 40‘000 Franken steuerbarem Einkommen sind es noch 17.85 Franken. Pro Tag gerechnet sind das 16, resp. 4 Rappen, die ein Ehepaar einspart.

Für Firmen sieht es ähnlich aus. Mit einem steuerbaren Reingewinn von 25‘000 Franken und einem steuerbaren Kapital von 200‘000 Franken spart eine Firma 37 Franken im Jahr.  Der Stadtrat will uns also weismachen, dass eine Firma wegen 37 Franken  weniger Steuern eher in Winterthur bleibt oder nach Winterthur zieht. Das glaubt er wohl selbst nicht!

Wahlpropaganda - mehr nicht

Die Liste mit den Steuerberechnungen liesse sich beliebig fortsetzen. Ich spare es mir aber, sie mit weiteren irrelevanten Zahlen zu belästigen. Hilft diese Steuersenkung irgendjemandem? Nein, es ist schlicht Wahlpropaganda aus dem bürgerlichen Lager im Stadt- und Gemeinderat. Welche Folgen dies aber nach sich zieht, wird wohlweislich nur am Rande erwähnt. Hohe Investitionen, die nicht mit eigenem Geld gedeckt werden können, führen zu der eingangs erwähnten Nettoverschuldung von 1,4 Milliarden Franken. Mittelfristig, bis 2021, rechnet die Finanzplanung mit hohen Defiziten. Entsprechend ist in absehbarer Zeit wieder mit einer Erhöhung des Steuerfusses zu rechnen. Ob dafür dann 2 Prozente ausreichen werden ist allerdings sehr zweifelhaft.

Renate Dürr, Gemeinderätin und Co-Präsidentin Grüne Winterthur